Weg mit § 63 !

Streit um eine Dystopie

Wir empfehlen dringend, den Artikel https://www.die-bpe.de/dystopie.htm
Einspruch von Psychiatrie-Erfahrenen in die aktuelle Debatte zur Abschaffung des Maßregelvollzugs
von Ole Arnold Schneider
zur lesen. Er erschien in den “Sozialpsychiatrischen Informationen” 2/2024 und kann auch hier direkt herunter geladen werden.

Er bezieht einen klaren, menschenrechtlichen Standpunkt und bietet eine ausgezeichnete Zusammenfassung der aktuellen Beiträge in der längst überfälligen Debatte, die  durch die Forderung der DGSP und insbesondere der Forderung einer gewaltfreien Psychiatrie durch die UN und die WHO auf die Tagesordnung gekommen ist:
Die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) hat das Prinzip des Maßregelvollzugs grundsätzlich in Frage gestellt. Mit der Vorlage bestärkt sie eine langjährige Forderung von Betroffenen, die seit jeher beklagen, dass durch den Maßregelvollzug fundamentale Rechte der Insassen (völker)rechtswidrig verletzt werden. Allerdings haben die damit verbundenen Forderungen von Psychiatrie-Erfahrenen hierzulande bislang keine Aufmerksamkeit erfahren und werden in den breiten psychiatrischen, juristischen und politischen Diskursen bislang ignoriert. Der Vorstoß der DGSP hat dagegen nunmehr eine lebhafte Diskussion innerhalb der Psychiatrie ausgelöst. Dabei kommt Widerspruch erwartbar vor allem von Akteuren und Repräsentanten der forensischen Psychiatrie selbst. Ihm wird in diesem Beitrag begegnet und das Spektrum der Debatte nicht nur um die Perspektive von Psychiatrie-Erfahrenen erweitert. Ganz wichtig ist, wie so dem Anspruch dieser Lobby entgegengetreten wird, die heimtückisch behauptet, selber am besten die Interessen der Betroffenen zu vertreten, für sie zu sprechen. Dabei versucht sie nur, wiederum zu entmündigen.
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Maßregelvollzug verletzt die Würde

In dem Essay Wettbewerb des Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener und der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener zu der Frage:

Nach Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar.
Verstoßen die §§ 20, 21, 63 und 64 des Strafgesetzbuches daher gegen das Grundgesetz?

hat die Jury am 31.10.2023 fünf Texte aus der short List ausgezeichnet. Sie sind hier (zusammen mit der Jury) veröffentlicht: http://die-bpe.de/essay.htm

Die Jury bestand aus:

  • Prof. Dr. Dr. Heiner Bielefeldt
    Erster Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte 2003-2009
    Lehrstuhl für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik am Institut für Politische Wissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen
  • Prof. Dr. Helmut Pollähne
    Rechtsanwalt und Strafverteidigung in allen Instanzen
    Verteidigung in Vollstreckung und Vollzug (Straf-/Maßregelvollzug) | Drogenrecht
    Medizinstrafrecht Jugendstrafrecht
    Menschenrechte und Psychiatrie (langjähriger Redakteur von „Recht & Psychiatrie“)
  • Dr. Martin Zinkler
    Psychiater und Psychotherapeut
    Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Gesundheit Nord, Bremen
    Redaktion der Zeitschrift „Recht & Psychiatrie“

Nur als Anregung die ausgezeichneten Texte von Aurelia VollandKerstin TiedtkeVera DünhauptCatherine Hyland und Ákos Silló zu lesen, ein Zitat:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das „Sonderstrafrecht“ des Maßregelvollzugs nach §§ 20, 21. 63, 64 StGB sowohl aus juristischer als auch aus philosophischer Perspektive gegen die Würde des Menschen verstoßen. Eine Sonderbehandlung für eine bestimmte Gruppe von Tätern ist nicht gerechtfertigt und degradiert die Betroffenen zu Objekten des Staates. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verletzung der Grundrechte im Fall Mollath anerkannt.
Die jahrelange Demütigung durch Forensik und Justiz kann damit nicht ungeschehen gemacht werden. Jedoch kann der Verlust der Würde, der mit der Demütigung einher geht, wiederhergestellt werden. Vielen Betroffenen wird jedoch nicht wie im Fall Mollath im Nachhinein die Verletzung ihrer Grundrechte zugesprochen, so dass sie infolge der Behandlung als Objekt unter ihrem Verlust der Würde ein Leben lang gezeichnet sind. Damit es gar nicht erst zu einem Eintritt des Würdeverlusts kommt, müssen die bestehenden Gesetze verändert werden. Unter der aktuellen Gesetzeslage ist die Menschenwürde nicht unantastbar….

Mega News: Die Zwangspsychiatrie beginnt zu implodieren

Die Bombe ist geplatzt:
Die Forensik soll abgeschafft werden:

1.3.2022: Die DGSP hat diesen Beschluss in einer Kurzfassung und als 92 seitige Langfassung veröffentlicht.
Wir sind vor Freude schon ganz aus dem Häuschen, denn wie Thomas Szasz 1998 schon in der Anklageschrift des Foucault Tribunal richtig gesagt hat: https://www.foucault.de/anklageschrift.htm

Zivile Verwahrung und die Verteidigung begründet auf „Unzurechnungsfähigkeit“ sind wie siamesische Zwillinge. Wenn man einen umbringt, sind beide tot. Deswegen ist es auch so hoffnungslos, zivile Verwahrung abschaffen zu wollen, ohne gleichzeitig die Auswirkungen der Verteidigung begründet auf „Unzurechnungsfähigkeit“ in den Griff zu bekommen, oder umgekehrt. Die gesellschaftlich nützlichen Fiktionen von Geisteskrankheit und psychiatrischem Fachwissen werden durch zivile Verwahrung und der Verteidigung begründet auf „Unzurechnungsfähigkeit“ als „real“ bestätigt. Beide schaffen und bestärken die Illusion, daß wir weise und gut mit unseren verzwickten sozialen Problemen umgehen, während wir sie in Wirklichkeit nur verworrener und schlimmer machen. Leider korrumpiert die psychiatrische Macht nicht nur die Psychiater, die über sie verfügen und die Patienten, die ihr unterworfen sind, sondern auch die Gemeinschaft, die sie befürwortet.

Also wirklich ein Grund zur Freude und wir können stolz sagen, dass unsere Dauer-Kritik offenbar Wirkung zeigt – die Säulen der Zwangspsychiatrie erodieren nicht nur, sie fangen an zu zerbröseln 🙂

Dr. Kammeier hat mit der DGSP die Seiten gewechselt. Er ist Mitglied im Kartell gegen § 63 geworden!
Eine treffende Geschichtsschreibung dazu: https://www.forensik.de/fileadmin/user_files/forensik/Florenz/Kammeier_Florenz-Vortrag_2018-06-21__1_.pdf
Siehe auch unsere Mitteilung in voller Länge hier:  Mega News: Die Zwangspsychiatrie beginnt zu implodieren

Dazu 2 weitere Kommentare von uns hier und hier.
Siehe auch hier das Manifest zur Abschaffung von Strafanstalten und anderen Gefängnissen mit 102 Unterschriften rechtschaffender Bürger.

Die große Neuigkeit: Die UN hat durch das Hochkommissariat für Menschenrechte gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO maßgebliche Vorgaben für die Abschaffung der Zwangspsychiatrie beschlossen.
Dieser Paradigmenwechsel wurde von der WHO im Oktober 2023 hier veröffentlicht: https://www.who.int/publications/i/item/9789240080737 und wurde von uns ins Deutsche übersetzt hier veröffentlicht: http://www.die-bpe.de/who&un.pdf
Siehe auch: WHO läßt die Zwangspsychiatrie fallen und Menschenrechte? Na wenn´s der Gesundung dient 🙂

Aktuelle Texte gegen § 63 und seine Vorhöfe

12 aktuelle Texte und Bücher in Deutsch und 7 in Englisch zur überfälligen Abschaffung der §§ 20, 21, 63 und 64

Neu! Das aktuelle Buch zur Kritik an der Forensik

Gerade rechtzeitig zur Eröffnung der Diskussion um die Abschaffung der §§ 20, 21, 63 und 64 StGB hat Dr. Ulrich Lewe dieses Buch veröffentlicht:
Vorbeugende Anhaltung – der Maßregelvollzug
Das schwarze Loch im Psychiatrieuniversum

Schon der Titel macht den Charakter des Maßregelvollzug als „Schutzhaft“ deutlich und besser als der Untertitel, „schwarzes Loch im Psychiatrieuniversum“, kann man ihn nicht beschreiben – unsichtbar aber trotzdem steuert er die ganze Psychiatrie-Galaxie mit „Gefährlichkeit“ als Rationalisierung für eine radikale Entwürdigung und Entrechtung durch eine Sondergesetzgebung für angeblich „Geisteskranke“. Dr. Lewes Verdienst ist es, dass er zusammen mit Dr. Kammeier bei der Sozialpsychiatrie (DGSP) die Abschaffung dieser mit der UN-BRK unvereinbaren Unrechts-Gesetze als Forderung so gut  begründet hat, dass diese nun zu einer Forderung dieses Teils der Psychiatrie geworden ist, siehe hier.
Das Buch ist die aktuelle Übersicht zur Lage der Forensik in Deutschland und es ist von einem Insider geschrieben, der die Abgründe dieses Systems kennen gelernt hat.
Wir empfehlen sehr, die nächste öffentliche Bibilothek zu bitten, das Buch zu bestellen, damit es von möglichst vielen gelesen wird.

Das Inhaltsverzeichnis:

1. Vorwort – Einleitung – Private Confessions
2. Willkommen im Willkürstadel

2.1  Eine Expedition zu den Shutter Islands Lesen Sie mehr »

Kartell gegen § 63 StGB!

Am 15.9.2015 hat Prof. Wolf-Dieter Narr die Gründung des Kartells gegen § 63 StGB mit folgender Pressemitteilung bekannt gegeben:

Mit der Freilassung von Gustl Mollath ist das Unrecht des § 63 StGB einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Statt dass der § 63 abgeschafft wird, soll er novelliert werden. Das Bundesjustizministerium hat dafür einen Entwurf vorgelegt und im Internet veröffentlicht.
Das war für mich der Anlass, ein Kartell gegen § 63 StGB zu initiieren, das heute von 7 Rechtsanwälten, darunter RA Gerhard Strate, und mir gegründet wurde. Das Ziel ist, dass der unsägliche, nazigescheitelte § 63 StGB gestrichen wird. Er nützt nichts. Ja er pervertiert in eins mit seinem Missbrauch das Strafrecht selber.

Da der § 63 bisher in der deutschen Rechtsdogmatik den Menschenrechten zuwider für ein ehernes Gesetz gehalten und vom BVerfG für verfassungskonform erachtet wird, soll als Zwischenschritt der Weg für die höchstrichterliche Feststellung der Unvereinbarkeit des § 126 a StPO mit dem Grundgesetz geebnet werden, wie es 2001 schon mit dem ähnlichen § 81 StPO geschehen ist. Damit würde es jedem Beschuldigten möglich, eine psychiatrische Untersuchung auf Schuldunfähigkeit erfolgreich zu verweigern.

Die Gründungserklärung des „Kartells gegen § 63 StGB“ und dessen Mitglieder vollständig hier…

Titicut Follies

Titicut Follies, ein unsynchronisierter US-Film aus einer forensischen Psychiatrie von 1967, der bis 1991 nicht gezeigt werden durfte. Eine sehr ungewöhliche Zensur in einem Land, in dem die Meinungsfreiheit als das höchstes Gut gilt.

Weggesperrt und vergessen


Dieser leider sehr krankheitseinsichtige Film „Der Maßregelvollzug: Weggesperrt und vergessen?“ wurde am 23.11.2021 um 22 h im NDR Fernsehen gezeigt, siehe oben.

Die frühere Gerichtsreporterin und jetzt stellvertretende Chefredakteurin von Die Zeit, Sabine Rückert, stellt in Minute 17:27 trocken fest:...dass letztlich hier [in der Forensik] ein Willkürsystem herrscht ..
Und so stellt man sich die Hölle vor
und ab Minute 18:58 wird über den von uns vorhergesagten Rückschritt durch das Scheinreförmchen 2016 berichtet: die durchschnittliche Verweildauer ist von 6,78 Jahren 2010 auf 8,17 Jahre 2020 angestiegen!
Siehe: 1. Lesung eines Scheinreförmchens des § 63 StGB
und: Anhörung des Scheinreförmchens des § 63 im Rechtsausschuss des Bundestages

Neuer § 63 StGB verabschiedet

NinaSeit dem 28.4.2016 um 21.56 Uhr gibt es einen dem Scheine nach neuen § 63 StGB.
Reden wurden nicht gehalten, sondern nur zu Protokoll geben – es wurde nur kurz 2 mal zum Tagesordnungspunkt Nr. 20 abgestimmt.
Das war die zweite und dritte „Beratung“ des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften, Drucksache 18/7244

Neue Töne sind von den Fraktionen Grünen und der Linkspartei zu hören. So forderten beide eine grundlegende Lockerung:

…Eine strafrechtliche Maßregel aber darf zu keinem stärkeren Grundrechtseingriff führen als die Kriminalstrafe. Deshalb muss die Freiheitsentziehung aufgrund strafrechtlicher Unterbringung zeitlich begrenzt sein und darf nicht länger dauern als eine Freiheitsstrafe, die wegen der jeweiligen Anlasstat in Betracht gekommen wäre….

Der vollständige Entschließungsantrag der Grünen ist hier nachzulesen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/082/1808270.pdf. Der Entschließungsantrag der Linkspartei ist u.a. hier dokumentiert: http://dip.bundestag.de/btd/18/082/1808267.pdf.
Die Abgeordneten beider Fraktionen enthielten sich bei den Abstimmungen der Stimme.

Dass es ein Scheinreförmchen ist, zeigt sich auch daran, wie unverändert belassen wurde, dass bei einem Freispruch derzeit keine Rechtsmittel und damit keine Möglichkeit besteht, gegen eine im Ermittlungsverfahren vorweggegangene Begutachtung wegen angeblicher „Schuldunfähigkeit“ vozugehen. Dies ist noch häufiger der Fall, wenn ein  Verfahren nicht wegen der Unschuld des Beschuldigten/Angeklagten, sondern wegen einer vermuteten Schuldunfähigkeit eingestellt wird.  Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in einer Entscheidung 2001 klargestellt, dass eine zwangsweise Begutachtung des Geisteszustandes nicht ohne weiteres in Betracht kommt, aber für einen Beschuldigten verbleibt derzeit rechtlich die einzige Möglichkeit,  sich gegen das Endergebnis einer solchen Begutachtung – Freispruch wegen Schuldunfähigkeit – (frühzeitig) zur Wehr zu setzen.  Das beste Argument dabei hat man, wenn man

  • schon eine PatVerfü hatte,
  • mit dem Anwalt sofortige Beschwerde gegen eine Zwangsbegutachtung einlegt,
  • der Vorsorgebevollmächtigte sofort ein Verbot der Begutachtung per Fax an das Gericht, die einsperrende Klink und den Anwalt des Beschuldigten schickt,
  • eisern gegenüber jedem Arzt und Gutachter geschwiegen wird, einem kein Wort der Rechtfertigung zu den Vorwürfe über die Lippen kommt, sondern nur auf die PatVerfü verwiesen wird.

Leider ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber sich bis auf Weiteres nicht dazu bereit findet, hier Abhilfe zu schaffen. Die Fraktion der Linkspartei hat 2008 im Bundestag eine kleine Anfrage dazu gemacht, jedoch hat die Bundesregierung in ihrer Antwort keinerlei Spielraum für die Hoffnung auf eine  Veränderung dieser Unrechts-Situation gelassen.


Presseerklärung wegen des Todes Ahmet Agirs

Die Staatsanwaltschaft Bremen hat nun zwei Jahre nach Ahmets Tod 2017 in der Forensik Bremen-Ost wiederholt versucht, das Verfahren bezüglich Ahmets Tod nach einem tödlichen Absonderungs-versuch einzustellen bzw. eine Anklage zu verhindern.

Von Anfang an war zu erkennen, dass Zeugenaussagen von Inhaftierten nicht den gleichen Stellenwert erhielten wie Aussagen des Personals. Auch dass es trotz des Ermittlungsverfahrens wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu keinen Suspendierungen/Versetzungen der Tatbeschuldigten kam, verriet, wie „objektiv“ auf die Begebenheiten geschaut wurde. Wurde anfangs noch versucht, eine gänzlich andere Version zu konstruieren (eine von Ahmet verweigerte Urinkontrolle), wird nun seitens der Staatsanwaltschaft Bremen nur noch der Vorgang im Raucherraum verhandelt. Die Tatbeschuldigten befanden sich laut Staatsanwaltschaft in einer „Notwehrsituation“, da Ahmet, nach Angaben des Personals, mit einem Glasaschenbecher warf. Die „Notwehrsituation“: erst drei Personen gegen Ahmet, dann über 20 Pfleger*innen und Securitymitarbeiter gegen ihn, so verschriftlicht es die Staatsanwaltschaft, machen Zeugenaussagen von Mitinhaftierten nicht weiter notwendig.

Auch rechtfertigt diese „Notwehrsituation“ angeblich die angewendeten (KDM)-Kampftechniken. Eine Fixierung in Bauchlage, die von Amnesty International als Folter bezeichnet wird und in den USA seit 20 Jahren verboten ist, war für die Staatsanwaltschaft Bremen eine angemessene „Selbstverteidigung“ der Tatbeschuldigten. Ahmet´s Kampf um Luft vor seiner Bewusstlosigkeit war kein Grund, von ihm abzulassen. Die Staatsanwaltschaft bewertet: da Ahmet… Lesen Sie mehr »

Bericht vom Protest gegen Bremer Forensik

Am Sonnstag, 13.5.2018 fand in der Bremer Psychiatrie eine Mahnwache und Demonstration statt, die vom Eingang zu der Forensik auf dem Gelände zog. Wir berichteten über den Anlass hier und den Aufruf hier. Hier berichtet die Taz vom 11.5. über den Aufruf.

Bilder und ein Bericht dokumentieren die Demo und sind hier veröffentlicht:

Am Sonntag den 13.5.18 waren wir fast hundert Menschen, die sich mit Transparenten, Plakaten, Musik und vielen Rosen auf den Weg zum Klinikum Bremen-Ost machten, um dort wütend und solidarisch gegen die alltägliche menschenverachtende Praxis des psychiatrischen Systems Bremen-Osts (sowie anderswo) zu demonstrieren. Eine Praxis, welche Ahmet im Rahmen einer „Therapie“ in der forensischen Psychiatrie vor einem Jahr das Leben kostete….Lesen Sie mehr »

In Gedenken an Achmet A.,...

Im Folgenden der Bericht eines anonymen Informanten, der uns am 30.5. erreichte.
Obwohl wir keine Gewähr für die Authentizität des Berichts geben können, schließen wir uns aber der Forderung an, dass die Mitgefangenen vernommen werden müssen.
Der Bremer Weserkurier berichtete über den Vorfall am 12.5. hier und am 15.5. hier.

In Gedenken an Achmet A.,
der am 09.05.2017 durch eine unverhältnismäßige, brutale, bis dato unverantwortete, willkürlich ausgelöste Zwangsmaßnahme in Bremen-Ost verstorben ist.

Er ist uns in Erinnerung für alle Menschen, die in Bremen-Ost und überall kollektiv ermordet wurden.

Er ist gestorben. Das war nicht nötig. Es ist passiert. Die eilig herbeigeeilten WärterInnen, die ihn zu Boden gebracht und ihn am Atmen gehindert haben, ( „ich krieg keine Luft mehr, ich krieg keine Luft“) hatten kein Erbarmen. Er könnte simulieren. Den „gewalttätigen Bekloppten“ kann man nicht trauen. Das Personal ist trainiert, angeblich professionell und in Deeskalation geschult. Bis dato ist noch Jede/r im BEO (Beobachtungsraum/Isolation) gelandet, für den der Eberhard (Codewort für Zwangsmaßnahme) ausgelöst wurde, für was für Lapalien auch immer.

Drei WärterInnen rein ins Raucherzimmer. Ein Dutzend PflegerInnen und mehr in der Tür, auf dem Gang. Die Patienten ganz schnell auf ihre Zimmer und in den Aufenthaltsraum geschickt. Haben die PatientInnen es gehört? „Ich krieg keine Luft mehr, ich krieg keine Luft.“ Ja, sie haben es gehört.

Herr A. wollte sein Frühstück, daß man ihm verweigerte. Drei Meter vor dem Essenswagen. Lesen Sie mehr>>

Forensische Gutachten - ein Witz

Erwin Pelzig benennt in „Neues aus der Anstalt vom 25.06.2013“ die Verleumdungs-Gutachter von Gustl Mollath beim Namen:

Beweis: Forensik-Psychiater wissen gar nix

Wie lächerlich und absurd die Vortäuschung ist, es gäbe psychiatrisches Wissen, wurde am Dienstag dieser Woche in der ZDF Dokumentation 37° eindrucksvoll bewiesen: Gert Postel als „Psychiater“ ist kein Einzelfall mehr, sondern kann zum Regelfall erklärt werden.
Alexandra Beek war „falsche“ Psychiaterin in Wuppertal (2 Jahre) und bleib in Berlin sogar im „Wilhelm-Sander-Haus„, im hoch gesicherten Forensik-Knast in der nach dem Nazi-Verbrechens-Arzt Karl Bonhoeffer benannten „Nervenklink“, unentdeckt.
Hier die bemerkenswerte Stelle bei Youtube:

Daraus der knalligste Ausschnitt tran­skri­bie­rt:

ZDF: „Wie es zur Anstellung von Alexandra B. kam, dazu schweigt das Krankenhaus. Damals, im Dezember 2015 gibt es etliche Bewerber für die ausgeschriebene Facharztstelle. Ein Gremium aus Oberärzten und der Klinikleitung führt die Bewerbungsgespräche. Dabei geht es vor allem um Alexandras Doktorarbeit.“
Alexandra Beek: „Die haben gefragt: „Worüber haben Sie denn promoviert? Wie hieß denn das Thema?“ Dann habe ich gesagt: „Grenzen und Möglichkeiten moderner Psychopharmakotherapie am Beispiel schizophrenen Residiuums“.“
ZDF: „Alexandra schildert Versuche, die sie sich nur ausgedacht hat. Die Reaktion des Fachgremiums überrascht Alexandra selbst.“
Alexandra Beek: „Dann wollten sie wissen, wie das Ergebnis war, dann habe ich gesagt: „Bei Menschenen, die so lange hoch dosiert diese Medikamente genommen haben, hätte sich an deren Befinden nichts verändert. Auch ohne Medikamente nicht.“ Da wären sie ganz begeistert davon – das wäre ein wissenschaftlicher Durchbruch gewesen und interessant wohl.“
ZDF fragt: „Wollten sie die Doktorarbeit sehen?“
Alexandra Beek: „Nein – die gab’s ja auch nicht!“
ZDF: „Sie ist offenbar sehr überzeugend: die Klinik stellt sie ein.“

Wer die ganze Dokumentation sehen will, findet sie in der ZDF-Mediathek hier.

Demonstration bei der Justizministerkonferenz

Demo BaWü Justizministerkonferenz (8)Kurzbericht von der Demonstration bei der Justizministerkonferenz am 12.11.2015 vor dem Eingang der Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin. Bilder der Demonstration hier
Als Flugblatt verteilten wir den Brief mit der Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener an das Bundesjustizministerium zum Referentenentwurf der Novelle des § 63 (siehe weiter unten). Da dieser Entwurf nur mit kleinen Änderungen am 4.11. von der Bundesregierung als Gesetzentwurf übernommen wurde und nun dem Bundestag zugeleitet wird, soll also wieder nur der alte Wein in einen neuen Schlauch umgefüllt werden soll. Dagegen steht das „Kartell gegen § 63 StGB“ das wie wir die ersatzlose Streichung des § 63 fordert.Die Kampagne Weg mit § 63 hat nicht nur durch diese Allianz von AnwältInnen und Hochschullehrern Unterstützung bekommen, sondern auch durch die großartige Nachricht, dass sich Italien an die Behindertenrechtskonvention hält und dabei ist, alle forensischen Psychiatrie-Gefängnisse aufzulösen!
Darüber berichtet Martin Zinkler in dem Editorial der Recht & Psychiatrie 4/2015, Zitat daraus:

Auch der italienische Gesetzgeber scheint einen Schritt weitergehen und durch eine Strafrechtsreform die Schuldunfähigkeit abschaffen zu wollen.


Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V.

An das
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Mohrenstraße 37
10117 Berlin

Mittwoch 8. Juli 2015

Unsere Stellungnahme zum Referentenentwurf einer Novelle des § 63 StGB

Willkür im Recht – Unrecht!

Sehr geehrter Herr Minister Maas,
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten die Gelegenheit nutzen, um innerhalb der vorgegebenen Frist bis 31.7.2015 unsere Stellungnahme zu dem Entwurf einer Novelle des § 63 StGB ab zu geben.
Wir begründen der Reihe nach, warum wir zentralen Prämissen des § 63, wie dessen in dem Regierungsentwurf vorgeschlagenen Novellierung, widersprechen:

• Es ist eine falsche Behauptung und Täuschung der Öffentlichkeit, das angeblich „zweispurige System unseres Strafrechts“ strafe nur die Schuldfähigen…. Bitte hier weiterlesen

 

1. Lesung eines Scheinreförmchens des § 63 StGB

Medial völlig unbemerkt war am 28.1.2016 im Plenum des Bundestages die erste Lesung des Scheinreförmchens. Zitat aus dem Protokoll:

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 17 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften Drucksache 18/7244
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (f), Innenausschuss, Ausschuss für Gesundheit
Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden.
– Ich sehe, dass Sie alle damit einverstanden sind.
1) Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/7244 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge?
– Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Im folgenden die ungehaltenen für den Buchstabenkeller des Bundestages bestimmten Redebeiträge.
Nirgends ist auch nur ein Wörtchen zur Behindertenrechtskonvention zu finden, sondern nur betuliches Gerede zu einer kosmetischen Novelle des § 63.

Zu Protokoll gegebene Reden
Bitte diese hier lesen

Anhörung des Scheinreförmchens im Rechtsausschuss des Bundestages

Die schriftlichen Stellungnahmen 5 der „Sachveständigen“ der Anhörung am 15.2.2016 sind veröffentlicht.

Der Forensikbeauftragten von die-BPE wurde ohne Angabe von Gründen verweigert, an der Anhörung als Zuhörerin teilzunehmen. Man sollte wohl unter sich bleiben.

Bemerkenswert ist in der Stellungnahme von Helmut Pollähne:

Die Unterbringung gem. § 63 StGB ist – zumal mit der Bezugnahme auf die §§ 20, 21 StGB – im Hinblick insb. auf die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) grundsätzlich infrage zu stellen. Das liegt nicht nur an der Unbestimmtheit der §§ 20, 21 StGB (ausf. dazu Schiemann, in: Pollähne/Lange-Joest [Hg.], Verbrechen, Rechtfertigungen, Wahnsysteme, 2014, 101 ff. m.w.N.), sondern auch an der in ihnen angelegten Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, zu denen die meisten der Betroffenen i.S.d. UN-BRK zu rechnen sind. Außerdem ist in § 63 StGB die Gefahr angelegt, Freiheitsentziehungen zu begründen, die mit Art. 14 UN-BRK nicht vereinbar sind (ausf. dazu Tolmein in: Pollähne/Lange-Joest [Hg.], Forensische Psychiatrie – selbst ein Behandlungsfall? 2015, 79 ff.m.w.N., vgl. auch Pollähne in Aichele [Hg.] Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht, 2013, 173 und 193). Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich der Gesetzentwurf zu dieser Problematik noch nicht einmal ansatzweise äußert.

Und von der Straubinger Forensik-Chefärztin Lausch:

Bereits jetzt herrscht in den forensischen Kliniken ein Mangel an qualifizierten ärztlichen Mitarbeitern, die eine Schwerpunktausbildung für forensische Psychiatrie anstreben bzw. langfristig im forensischen Kontext arbeiten möchten. Dies stellt ein Problemfeld dar, welches den Gerichten auch bestens bekannt sein dürfte. Wünschenswert wären Qualifizierungen und Schwerpunktbezeichnungen in forensischer Psychiatrie. Sofern dies allerdings eine Bedingung für die beauftragten Gutachter wäre, käme es zu erheblichen Engpässen in der Gutachtensabwicklung.

Die Forensik hat also „Imageprobleme“ 🙂
Dass diese Folterstätten immer mehr auf das Gewissen der dort Tätigen schlagen, darum sollten wir uns weiter bemühen, bis niemand mehr dort arbeiten will.


Demonstration: Weg mit § 63 StGB - er ist illegal !

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener rief gegen diesen Versuch der DGPPN, die Medien zu indoktrinieren,
zu einer Demonstration am Mittwoch, den 11.9.2013 um 9.30 Uhr vor der Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8 in Berlin auf.

63_stgb_thumbWir fordern:
Weg mit § 63 StGB – er ist illegal !

 

Nina Hagen protestiert gegen §63Erfreulicherweise war der Versuch der DGPPN, mit einem „Presse-Workshop“ die Medien zu indoktrinieren, schlechter besucht, als unsere Demonstration dagegen. Dabei war die Unterstützung von Nina Hagen bei der Ankündigung und Durchführung der Demonstration eine ganz große Hilfe! Vielen Dank Nina, Schirmfrau der PatVerfü!
Der Titel des Workshops: „Der Fall Mollath – öffentliche Wahrnehmung und Realität der forensischen Psychiatrie
Die Berichterstattung über Gustl Mollath hat sich in den letzten Monaten auf die öffentliche Wahrnehmung der Psychiatrie in Deutschland ausgewirkt. Viele Menschen begegnen ihr heute wieder mit Unbehagen und Skepsis.“

Mit einer psychiatrischen „Diagnose“ verleumdete Menschen, die eine strafrechtlich relevante (strafrechtssanktionierte) Tat begangen haben, erfahren eine Sonderbehandlung. Nachdem sie für „schuldunfähig“ oder „vermindert schuldfähig“ erklärt wurden und ihnen somit die Verantwortung für ihre Tat abgesprochen wurde, werden sie – im Unterschied zu sogenannten „schuldfähigen“ StraftäterInnen, denen keine angebliche „psychische Krankheit“ unterstellt werden konnte – nach den Gesetzen des Maßregelvollzugs in einer Anstalt der forensischen Psychiatrie untergebracht.

Es wird also nicht nach Fakten geurteilt oder zumindest nach der normativ festgelegten Schwere der Tat, die jemand begangen habe. Stattdessen obliegt hier den psychiatrischen „GutachterInnen“ die Befugnis zu einer besonders absurden Tätigkeit, nämlich eine Beurteilung der Gründe vorzunehmen, aus denen die Tat begangen wurde und das Verhalten einer angeblich objektiven „Ursache“ anzulasten – z.B. ob ihnen Stimmen gesagt haben, sie sollten töten oder stehlen („psychisch Kranke“) oder ob ihre Eifersucht oder Gier sie zur Tat getrieben haben („psychisch Gesunde“); ob sie mit dem Auto jemanden aus Fahrlässigkeit überfahren haben oder ob es geschehen ist, weil sie angeblich „psychisch krank“ waren (in diesem Falle interessieren andere Begründungen nicht mehr). Die strafrechtlichen Folgen sind weitreichend:

§ 63 StGB Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus:
„Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.”

Die Anstalten der psychiatrischen Forensik nach § 63 StGB werden – obgleich sie mit den für Gefängnisse typischen Elementen wie Überwachungsanlagen, hohen Zäunen, etc., ausgestattet sind – nicht Gefängnis, sondern Krankenhaus genannt. Auch das Einsperren dort dient angeblich in erster Linie zur „Heilung“: Die angeblich „psychisch kranken“ StraftäterInnen werden so lange vorgeblich „therapiert“ und verwahrt, bis sie von den psychiatrischen GutachterInnen als nicht mehr „gefährlich“ eingestuft werden. Es dient angeblich nicht der Bestrafung, da die zu InsassInnen Verurteilten ja angeblich gar nicht schuldfähig seien.
Der Aufenthalt im psychiatrischen Maßregelvollzug geht über die Haftstrafe in zwei wesentlichen Punkten hinaus:

  • In der forensischen Psychiatrie werden zwangsweise Psychopharmaka verabreicht und sogenannte andere „Therapien“ aufgezwungen.
  • In der Praxis fallen die Haftzeiten bei psychiatrisch entmündigten StraftäterInnen bei ein und derselben Straftat erheblich länger aus – regelmäßig ein Vielfaches dessen, was als schuldfähig befundenen StraftäterInnen, die ihre Tat nicht wegen einer angeblichen „psychischen Krankheit“ begangen haben sollen, absitzen müssen. Die Verlängerung oder Beendigung der Haftzeit in der Forensik ist allein abhängig von der Orakel-„Prognose“ der psychiatrischen GutachterInnen.

Der § 63 StGB ist illegal geworden, weil am 1.1.2009 die Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten ist. Auch wenn er noch im Gesetzbuch steht, so verstößt er gegen die Verpflichtungen, die sich die BRD durch die Behindertenrechtskonvention auferlegt hat: Für Behinderte hat das selbe Recht wie für Alle zu gelten. Es gibt auch keine Interpretationsspielräume, weil das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte am 26.1.2009 im Artikel 47. einer Erklärung an die Vollversammlung der UN unmissverständlich klargestellt hat, was das für den Bereich des Strafrechts bedeutet:

47. Im Bereich des Strafrechts erfordert die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen die Abschaffung der Verteidigung auf der Grundlage der Negation strafrechtlicher Verantwortung aufgrund des Vorliegens einer psychischen oder geistigen Behinderung.* Stattdessen müssen behinderungsunabhängige Maßstäbe für das subjektive Element von Straftaten mit der Berücksichtigung der Situation der einzelnen Beschuldigten an-gewandt werden. Wenn Untersuchungshaft vor oder während des Strafverfahrens in Übereinstimmung mit Artikel 13 des Übereinkommens erforderlich sein sollte, müssen die gesetzlichen Regelungen entsprechend angepasst werden.
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* im Englischen als “insanity defence” bezeichnet.

Als pdf in Flugblattform: Forensik_Flugi
Über die Demonstration und den Workshop der DGPPN berichtete das Neue Deutschland am 12.9.2013


Rezension des Buches von Gerhard Strate: 'Der Fall Mollath'

Link direkt zu unsererBuchbesprechung mit vielen Zitaten aus dem Buch des Verteidigers von Gustl Mollath und am Ende eine Rezension der Rezensionen

Willkür im Recht: Unrecht! Eine Replik von Wolf-Dieter Narr

Die ZEIT hat am 22. August 2013 einen Artikel von  Prof. Thomas Fischer veröffentlicht:
Wahn und Willkür
Skandale wie der um Gustl Mollath sind nützlich, weil sie uns zwingen, immer wieder über die Fundamente des Strafrechts nachzudenken

Prof. Wolf-Dieter Narr hat darauf  kommentierend geantwortet. Leider hat die ZEIT diesen Text nicht veröffentlicht:
Willkür im Recht: Unrecht!
…Thomas Fischer motiviert der “Fall” Mollath “immer wieder über die Fundamente des Strafrechts nachzudenken.” Das tut er. Mit gewichtigen Argumenten. Er schließt jedoch mit dem weisen, passiv bleibenden Satz: wir alle “seien für die – skandalträchtigen, d. Verf. – Regeln verantwortlich.” Also währen die Skandale geruhsam und gebären neue lernoffene Skandale. Die Opfer danken´s dem Rechtstaat. Nachdrücklicher und verbindlicher gesagt: müsste der erfahrene Strafrichter nicht eindeutigere Konsequenzen aus vergleichsweise klaren Feststellungen ziehen? …

Gianfranco endlich frei

Gianfranco - PorträtAm 1.12.2015 wurde Gianfranco Belli nach über 18 Jahren endlich aus der forensischen Terrorhaft entlassen. Wir hatten im Sommer auf die bösartige Dauer der Haft für eine Sachbeschädigung öffentlich hingewiesen:
Gianfranco Belli – 18 Jahre in Terrorhaft
und zur Unterstütztung zu einer Demonstration am 22.6. vor dem Gericht bei der Anhörung aufgerufen:
Demo für die Freilassung von Gianfranco und gegen § 63
Bilder der Demonstration hier.

Obwohl Gianfranco selbstverständlich aufgrund der Grundrechte-Argumentation seines Anwalt, Dr. Eckart Wähner, nach der Anhörung sofort hätte freigelassen werden müssen, hat die Justiz wieder mit allen Tricks seine Freilassung hinausgezögert. Die Berliner Staatanwaltschaft hatte sogar die Dreistigkeit, gegen die Freilassung Beschwerde einzulegen!
In Kürze ist diese Freiheitsberaubung vorbei; bei einem seiner ersten Spaziergänge im Park der Lady-Diana-Klink (siehe Umbenennung hier) konnten wir endlich auch ein aktuelles Photo von Gianfranco machen.

Dringende Empfehlung: Sich sofort mit einer PatVerfü rechtlich gegen jede psychiatrische Zwangs-Begutachtung schützen. Falls durch die Justiz versucht werden sollte, diese Verweigung zu ignorieren, immer konsequent gegenüber medizinischem Personal und Ärzten schweigen, denn dann hat der/die AnwaltIn rechtlich einen Hebel in der Hand, diesen Versuch illegal und rechtlich unverwertbar zu machen.

Das schreiende Unrecht der forensischen Psychiatrie ist keine bayerische Besonderheit, sondern ist es bundesweit. Original Blog-Beitrag hier.

Unverhältnismäßigkeit, das Schlupfloch um frei zu kommen

Demo BaWü Justizministerkonferenz (4)Das Landgericht Marburg hat in dem Beschluss Az.: 3 Qs 23/15 vom 12.1.2016 nicht nur den § 63 aufgehoben, sondern sogar festgestellt, dass der § 63 von Anfang an gar nicht hätte verhängt werden dürfen: „fehlerhafter Anordnung der Maßregel im Urteil…“!
Der Geschäftsführer von dejure.org, Oliver García, hat mit dem Titel:
„Lebenslang statt vier Wochen für den eBay-Betrüger“ einen sehr guten Kommentar zu dem Urteil im Blog „delegibus“ verfasst:

„Vom Versagen der Justiz und Psychiatrie“ ist das Thema und der Untertitel von Gerhard Strates Buch über den Fall Mollath. Von BGH-Richter Thomas Fischer als Rezensenten des Buches ist bemängelt worden, Strate sei mit dem Anteil der Justiz am Versagen in dem Fall zu wenig hart ins Gericht gegangen und habe sich übertrieben auf die Fehler der Psychiatrie „gestürzt“. Ob er damit recht hat, sei dahingestellt. …
Einen schlimmen Fall dieser Art hat ein kürzlich veröffentlichter Beschluß des LG Marburg zum Gegenstand (Beschluß vom 12. Januar 2016 – 3 Qs 23/15). Der Betroffene befindet sich seit fast vier Jahren, vom 28. Juni 2012 bis heute, in der Klinik für forensische Psychiatrie Haina. …
Man weiß gar nicht, wo man mit der Fehleraufzählung anfangen soll. Die Entscheidung des Jugendrichters in Kassel war grotesk falsch (was damit zusammenhängen mag, daß Jugendrichter in diesen Fragen keine Praxis haben, dazu gleich). Das LG Marburg schreibt in feiner richterlicher Zurückhaltung von „höchst fraglich, ob die Unterbringung hätte angeordnet werden dürfen“ (als BGH-Senatsvorsitzender darf man diese Zurückhaltung auch einmal ablegen und grotesk Falsches als grotesk falsch bezeichnen). Der Jugendrichter hatte in seinem Urteil an den Vorgaben des BGH zur Anwendung des § 63 StGB bei Vermögensdelikten vorbeijudiziert. …weiterlesen


Links zu Stellungnahmen zur Forensik und zur vertiefenden Lektüre:

2016: Mehrere Bücher des Forensik-Kritikers Peter Zihlmann werden hier vorgestellt
2012: Video – Vorsitzender BGH Richter lobt Gert Postels Gutachten
2009: UN Hochkommissariat für Menschenrechte: Forensische Psychiatrie ist illegal
2007: Forensische Psychiatrie unvereinbar mit der Behindertenrechtskonvention, Erklärung von die-BPE
2005: Sendung des Dissidentenfunks zur Forensik
2004: Beschwerde gegen Zwangsverlegung: Pressekonferenz in der Forensik verboten
2003: FAQ Frage 13: Was gibt es zur forensischen Psychiatrie zu sagen?
2000: Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug, Bericht von Erdmuthe Theuermeister
1991: Irren-Offensive Nr. 4: “Zur forensischen Psychiatrie”


Erich Schlatter wurde freigelassen

Auch aus der Schweiz eine freudige Nachricht:

Erich Schlatter wurde endlich freigelassen!

Das Schweizer Fernsehen berichtete darüber am 16.7.2013

Seit Juli 2004 war Erich Schlatter – mit einer Unterbrechung von vier Jahren, in denen er auf der Flucht war – in einer Schweizer Forensik eingesperrt.

Am 3. Juli 2013 hat das Kantonsgericht Schaffhausen die unbefristete Gefangenschaft von Erich Schlatter beendet. Die Begründung hat – zumindest für die Schweiz – einen Präzedenzfall geschaffen.

Erich Schlatter ist ein Ausbrecher-König: Er hat es nicht nur geschafft, aus der Forsenik in Schaffhausen abzuhauen, sondern sich über Jahre außerhalb der Schweiz ohne Papiere unauffällig durchzuschlagen. Er war auch bei uns in Berlin mehr als 1/2 Jahr.

Berühmt ist seine Frage nach “Beruhigungsmitteln”, wenn er Geld meinte.

Er war ein so berühmter Ausbrecher, dass das Schweizer Fernsehen ihn auf seiner Flucht zwei mal besuchte und darüber berichtete.

Die letzten Nachricht ist, dass er Richtung Frankreich unterwegs sein soll.

Hier ein Link zu den Fernsehberichten.

In der Begründung anerkennt das Kantonsgerichts endlich, dass es in der jahrelangen Flucht zu keinen strafrechtlich relevanten Zwischenfällen im Ausland gekommen ist als einen Beweis dafür, wie ungefährlich Erich Schlatter ist und dass er damit zu Unrecht weggesperrt wurde, bzw. es ein schweres Unrecht wäre, ihn weiter einzusperren, um ihn zwangsweise von einer ihm unterstellten “Gefährlichkeit” zu “heilen”.

Daraus kann man die richtige Empfehlung ableiten, irgendwie aus der Forensik abzuhauen, im Ausland ohne Papiere ein paar Jahre unauffällig zu leben und dann kann der Anwalt mit diesem Beweis der Ungefährlichkeit als “Gutachten” die Beendigung des Massregelvollzugs bei Gericht auch durchsetzen. Und darüber könnten sich sogar die SteuerzahlerInnen freuen, weil sie jeder Tag Forensik weit über 200,- € kostet


Berichterstattung zu Gustl Mollath (umgekehrt chronologisch)

5. September
Auch das BVerfG gibt G. Mollath im nachhinein Recht

22. August 2013
Die Medien über G. Mollath bei Beckmann
Warum G. Mollath so plötzlich frei kamund
Systematische Folter in der Forensik

15. August 2013
Medienresonanz auf die Freilassung

6. August 2013
Gustl Mollath freigelassen

4. Juli
Neuen Richtervereinigung fragt nach Fällen wie Gustl Mollath in Baden-Württemberg

13. Juni 2013
Gustl Mollath bei Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags

5. Mai 2013
Film  in der ARD, über Gustl Mollath:
In den Fängen von Justiz, Politik und Psychiatrie

12. Februar 2013
„Die Psychiatrie ist im Kern Zwangspsychiatrie“
Interview mit Rene Talbot

20. November 2012
Zwangsbefürworterin Merk verantwortlich für bayerischen Psychiatrie-Justizskandal

Spontandemo am Stachus in München 7.9.2014 mit Ilona Haslbauer

Spontandemo am Stachus in München 7.9.2014 mit Ilona Haslbauer (rechts am Transparent)

Spontandemo am Stachus in München 7.9.2014 mit Ilona Haslbauer (rechts am Transparent)


Lieber Knast als Klapse

Die Marcus Latton berichtet in der Jungle World am 16.9.2010 über das: »Erfolgsmodell« Maßregelvollzug unter dem Titel:  Lieber Knast als Klapse

Untertitel:
Immer mehr Straftäter werden von deutschen Gerichten in forensischen Psychiatrien untergebracht. Die Insassen im so­genannten Maßregelvollzug sitzen für ihre Taten meist erheblich länger fest als im Gefängnis.
Hier weiterlesen


Literaturempfehlungen

Thomas Szasz: Der Kampf der Psychiatrie gegen strafrechtliche Verantwortlichkeit

Markus Drechsler (Herausgeber des Sammelbands): Massnahmen Vollzug – Menschenrechte Weggesperrt und Zwangsbehandelt

Annelie Prapolinat: Subjektive Anforderungen an eine „rechtswidrige“ Tat bei § 63[Als Buch hier bestellen]

Peter Zihlmann: Website mit verschiedenen Büchern des Forensik-Kritikers

Ulrich Lewe: Was spricht gegen die stationäre Massregel ?
Ulrich Lewe: Rezension des Buches: „Die schwarze Liste“ von Bianca Perez
Ulrich Lewe: Zwangsmassnahmen im Maßrgelvollzug

Christian Weber in der Süddeutschen: Wer zahlt, bekommt recht
Offenbar lassen sich forensische Psychiater und Psychologen vom Auftraggeber beeinflussen, wie ein Experiment amerikanischer Wissenschaftler nahe legt.