Danke JuMiKo

Betreuer-Professionalisierung verhindert

Danke JuMiKo

Heute haben wir zum Auftakt des Vormundschaftsgerichtstags in Erkner demonstriert. Dort trafen sich die Spitzen der „Betreuungs“industrie, um zu beraten, wie sie weitermachen sollen, nachdem die JuMiKo ihnen mit deren gründlichen Absage an die Betreuerprofessionaliserung einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.
Dabei haben wir ein Flugblatt verteilt, in dem wir drei Texte kommentieren, und mit dem wir so gut wie alle Teilnehmer erreicht haben.

  1. Als Wichtigsten den Beschluss und dessen ausgezeichnete Begründung zu TOP I.6 der Justiz-Minister-Konferenz (JuMiKo) vom 6./7. Juli 2018 https://tinyurl.com/jumikobeschluss
  2. Den Abschlussbericht der Studie: Qualität in der rechtlichen Betreuung im Auftrag des Bundesjustizministeriums: https://tinyurl.com/gefaelligkeitsstudie
  3. Den Annual report of the United Nations High Commissioner for Human Rights and reports of the Office of the High Commissioner and the Secretary vom 24. Juli 2018 zur Vorbereitung der Tagungsordnungspunkte 2 und 3 der 39. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats zu: Mental health and human rights: https://tinyurl.com/reportohchr

Zu 1.: Zitat aus dem Beschluss:

„Die gesetzliche Festlegung von Eignungskriterien und die abstrakt-generelle Regelung des Berufsbilds für Berufsbetreuer sind unter Berücksichtigung des ursprünglichen – zivilgesellschaftlichen – Leitmotivs des Gesetzgebers und der gesetzlichen Regelung des § 1897 Abs.6 BGB, wonach die Betreuung vornehmlich von ehrenamtlich Tätigen (Familienangehörige oder ehrenamtliche Fremdbetreuer) übernommen werden soll, nicht erforderlich und abzulehnen.
Soweit die Forscher
[der Studie 2.] ohne nähere Erläuterung Kenntnisse der Berufsbetreuer in verschiedenen Rechtsgebieten außerhalb des Betreuungsrechts, im Bereich der Vermögensverwaltung und Privatinsolvenz und der Medizin als zumindest wünschenswert erachten bzw. die Einführung gesetzlicher Kriterien für die Qualifikation für Berufsbetreuer empfehlen, steht dies im Widerspruch zu dem gesetzlichen Leitbild der ehrenamtlichen Betreuung. Das Gesetz geht davon aus, dass derjenige, der seine eigenen Angelegenheiten regeln kann, dies grundsätzlich auch für andere zu leisten vermag.“

Endlich und mit aller Deutlichkeit wird den Ausbildungs- und Qualifizierungsforderungen der Berufsbetreuer ein klare Absage erteilt und diese trefflich begründet: Vorsorgevollmacht und „Betreuung“ dienen der Wahrnehmung selbstverständlicher Bürgerrechte der Betroffenen. Diese Aufgabe ausüben zu können ist geradezu ein Kennzeichen dafür, dass man ein Erwachsener ist und erfordert eben weder sozialpädagogisches noch medizinisches oder rechtliches Spezialwissen.

Zu 2.: Genauso großartig ist, wie die JuMiKo den Abschlussbericht (Seite 54) der Betreuergefälligkeit überführt: Nur 101 von ca. 13.100 Betreuern waren bereit, Einblick in ihre Verdienstsituation zu geben, das sind noch nicht einmal 0,8 %. Das wirft ein bezeichnendes Bild auf die durch die Verbände der Berufsbetreuer seit Jahren geäußerte Kritik über ein angeblich zu geringes Einkommen. Die Verbände und die ihnen nach dem Mund schreibende Frau Prof. Brosey stehen so gut wie alleine da.
Die JuMiKo weist darauf hin: „Es bestehen grundsätzliche Bedenken, Parameter einer Vergütungsbestimmung ausschließlich durch eine Einschätzung der Vergütungsempfänger zu ermitteln.“ Betreuer sind eben die Selbstbedienung gewohnt. Ehrlich, dass es in diesem Abschlussbericht auch so vorgestellt wird.

Zu 3.: In Artikel 46 wird Folgendes vorgeschlagen:

Die Staaten sollten sicherstellen, dass alle Gesundheitssorge und entsprechende Dienste, einschließlich aller psychischen Gesundheitssorge und entsprechende Dienste, auf der freien und informierten Zustimmung der betroffenen Person beruhen. Gesetzliche Bestimmungen und Richtlinien sollten abgeschafft werden, die durch den Einsatz von Zwang und Zwangsmaßnahmen, einschließlich Zwangseinweisung und zwangsweise Heimunterbringung, Fixierung, Psychochirurgie, Zwangsbehandlung und andere Zwangsmaßnahmen, darauf abzielen, eine tatsächliche oder angenommene Beeinträchtigung zu korrigieren oder zu beheben, einschließlich der Ermöglichung der Einwilligung oder Ermächtigung durch Dritte. Die Staaten sollten diese Praktiken neu konzeptionalisieren und als Folter oder andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung und als Diskriminierung von Nutzern von psychischen Gesundheitsdiensten, Menschen mit psychischen Problemen und Menschen mit psychosozialen Behinderungen anerkennen.

Die erste Voraussetzung zur menschenrechtskonformen Betreuungsgesetzgebung ist also, dass endlich § 1896 Abs. 1a BGB novelliert wird: Der Satz: “Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden” muss durch diesen Gesetzestext ersetzt werden:
Gegen den erklärten [oder natürlichen] Willen des Volljährigen darf eine Betreuung weder eingerichtet noch aufrechterhalten werden.

Flugblatt zum Ausdrucken hier.