Dokumentarfilm: SPK Komplex

Prädikat sehenswert
Ab 19. April 2018 bundesweit in den Kinos zu sehen:
SPK Komplex
Im Rahmen der Berlinale wurde der Film die ersten 4 Male aufgeführt. Immer waren die Kinos bis auf den letzten Platz ausverkauft.

Zum Inhalt:
1970 gründete der Arzt Wolfgang Huber in Heidelberg mit Patienten das „Sozialistische Patientenkollektiv“, kurz SPK. Hubers Experiment fand bald viele Anhänger, führte aber auch zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Uni Heidelberg und der baden-württembergischen Landesregierung. Im Zuspitzen des Konflikts radikalisierte sich das SPK, Gerüchte über latente Verbindungen zur RAF wurden laut. Huber, seine Frau und weitere Mitstreiter wurden verhaftet und vor Gericht gestellt.

Die SPK-Prozesse nahmen in der Härte, mit der sie von beiden Seiten geführt wurden – von Versuchen, Rechtsanwälte auszuschließen, bis zur Totalverweigerung der Angeklagten – die späteren Stammheim-Prozesse vorweg.
In SPK KOMPLEX erzählt Regisseur Gerd Kroske über Interviews mit Hubers Weggefährten, mit Ermittlern, Richtern und Journalisten sowie über eine Fülle von unveröffentlichten Aufnahmen und Archivmaterial aus dem „Deutschen Vorherbst“ die weitgehend unbekannte Geschichte des SPK und ihrer Folgen bis heute.

Bei allen Unterschieden in vielen Aussagen und der Rhetorik, mit denen diese vorgetragen und Begriffe angewendet werden, haben die 1980 gegründete Irren-Offensive und das SPK (siehe heute hier) ein Ziel gemeinsam: das Ende von Zwang und Gewalt in der Psychiatrie.
Sehr gut an dem Film ist, dass er zeigt, wie die Wut und Verzweiflung über die Entrechtung, Endwürdigung und Folter der Zwangspsychiatrie schon mal in Gewaltbereitschaft umgeschlagen ist. Auch heute droht die Geduld überzogen zu werden, mit der wir mit ansehen müssen, wie wir um die Versprechen der Behindertenrechtskonvention (BRK) auf eine gewaltfreie Psychiatrie betrogen werden. Jetzt droht durch die geplante Professionalisierung der Berufsbetreuer die BRK sogar ins Gegenteil um zu schlagen: Die Gefährdung, wenn nicht sogar Zerstörung der Selbstbestimmung, die durch die PatVerfü mit eingebauter Vorsorgevollmacht nach 30 Jahren Kampf für die Unteilbarkeit der Menschenrechte möglich geworden ist: Geisteskrank? Ihre eigene Entscheidung!

Das SPK hat sich vehement gegen den Film gewehrt, siehe hier.
Trotzdem ist der Film ein gelungenes Kontra gegen das vor einem Jahr erschienene Buch des Arztes Christian Pross über das SPK mit dem verleumderischen Titel: Wir wollten ins Verderben rennen.
Ein Interview mit dem Regisseur in der Taz „Das SPK hat rebelliert“.
Radiointerview im Deutschlandfunk Kultur.
Eine Filmkritik im Tagesspiegel.
Bericht in „Junge Welt“ und in der „Jungle World“ und Telepolis.