Wahlprüfsteine für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein

Wahlprüfsteine der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener
für die Landtagswahl am 7.5.2017 in Schleswig-Holstein

Die Fragen unten hat die-BPE der CDU, SPD, DIE LINKE, Grüne, Piraten, SSW und FDP jeweils mit der Bitte um Antwort als Wahlprüfsteine und mit einem Hinweis auf die anschließende Veröffentlichung gestellt.
Die Ergebnisse der Umfrage:

  • DIE LINKE hat die Fragen völlig igoriert und nicht geantwortet. Wir raten von deren Wahl ab.
  • Die Piraten haben erst nach Redaktionsschluss die hier dokumentierten Antworten gesendet. Sie bleiben deshalb in unserer Wertung unberücksichtigt.
  • Die CDU hat zwar geantwortet, aber ihre hier dokumentierte Antwort ist völlig enttäuschend. Die CDU negiert die Feststellungen des UN-Komitees für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und des UN-Sonderberichterstatters über Folter. Sie offenbart sich damit – wie in Berlin – als eine Partei der Foltergesetzmacher. Besonders erschreckend ist, dass die CDU bei der Zwangsbehandlung die Menschenrechte, ausbuchstabiert in der Behindertenrechtskonvention, völlig ignoriert. Sie überlässt folterartige Zwangsbehandlung damit dem Filz von Ärzten, Richtern und Betreuern und ignoriert die Stellungnahme von Papst Franziskus völlig, der diese als Folter bezeichnet hat, siehe hier. Sogar dem Druck der Berufsbetreuer, ihre Machtposition auszubauen, will die CDU nachgeben. Wir können nur von deren Wahl dringend abraten.
  • Die SPD  negiert in ihrer hier dokumentierten Antwort, wie die CDU, die Feststellungen des UN-Komitees für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und des UN-Sonderberichterstatters über Folter. Sie offenbart sich damit – wie die GroKo in Berlin – als eine Partei der Foltergesetzmacher. Sogar den Forderungen der Berufsbetreuer steht sie offen gegenüber und zitiert manipulativ falsch, indem sie die Forderung in den Abschließenden Bemerkungen  unterschlägt, die Vorbedingung ist:: „a) im Hinblick auf den General Comment Nr. 1 (CRPD 2014) des Ausschusses alle Formen der ersetzten Entscheidung abzuschaffen und ein System der unterstützten Entscheidung an ihre Stelle treten zu lassen;“   Wir können nur von deren Wahl dringend abraten.
  • Die Antwort der Grünen ist hier dokumentiert. Die Grünen weigern sich, die Sichtweise des UN-Sonderberichterstatters über Folter und des UN-Fachausschusses für die Rechte von Behinderten zu akzeptieren, dass psychiatrische Zwangsbehandlung Folter ist. Stattdessen brüsten sie sich, 2015 Bedingungen formuliert zu haben, „unter denen ärztliche Zwangsmaßnahmen künftig nur noch durchgeführt werden dürfen“. Sie offenbaren sich damit – wie die GroKo in Berlin – als eine Partei der Foltergesetzmacher. Die Grünen akzeptieren die Freiheit von psychiatrischer Zwangsbehandlung nicht als selbstverständliche Grund- und Menschenrechts-Freiheit. Wir raten von deren Wahl ab.
  • Die FDP hat geantwortet, auch versichert, dass sie die Folterfreiheit achten würde, aber in ihrer weiteren hier dokumentierten Antwort widerspricht sie dem, wenn es auf die Psychiatrie angewendet wird. Aus diesem Hin und Her eine Schlussfolgerung zu ziehen bzw. eine Wahlentscheidung zu treffen, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.
  • Der hier dokumentierten Antwort des SSW ist anzumerken, dass sie aus der Perspektive einer Minderheit geschrieben ist. Offenbar war ihm bei der Verabschiedung des neuen PsychKG unwohl, denn er schreibt: Vor diesem Hintergrund haben wir die zwangsweise Verabreichung von Medikamenten als wirklich allerletztes Mittel mittragen müssen. Als einzige Partei verspricht er sogar: „sowohl das PsychischKranken-Gesetz als auch das Maßregelvollzugsgesetz in der nächsten Legislaturperiode erneut auf den Prüfstand zu stellen.“
    Und: .. sind gerne bereit, dies in der nächsten Legislaturperiode anzugehen.
    Daraus eine Wahlentscheidung zu treffen, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.

Wir können diesmal keine Wahlempfehlung geben. Die geringsten Bedenken könnte man beim SSW haben.

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Die Fragen von die-BPE:

(1) Die Prüfung des deutschen Staatenberichts zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat 2015 bestätigt, dass psychiatrische Zwangsmaßnahmen im Sinne der UN-BRK eine Foltermaßnahme sind. Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen fordert als zuständige Kontrollinstanz eine Abschaffung aller psychiatrischer Gewaltmaßnahmen.

Frage (a):               Mit welchen konkreten parlamentarischen Initiativen (Anträgen, Entwürfen, Anfragen usw.)  hat sich Ihre Partei für die Durchsetzung des Folterverbots in der aktuellen Legislaturperiode im saarländischen Landtag eingesetzt?

Frage (b):              Dennoch werden noch immer und alltäglich psychiatrische Gewaltmaßnahmen gegen Insassen in saarländischen Psychiatrien angewendet. Welche konkreten Maßnahmen wird Ihre Partei in der kommenden Legislatur ergreifen, um Psychiatriegewalt ausnahmslos abzuschaffen und darüber hinaus auch als Menschenrechtsverbrechen zu ächten?

(2)  Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention gibt vor, dass Menschen mit angeblichen oder tatsächlichen psychischen Störungen rechtlich gleichzustellen sind. Eine solche Gleichstellung schließt Sondergesetze für „psychisch Kranke“, wie die sogenannten Psychisch-Kranken-Gesetze der Bundesländer aus. Auch hier fordert der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in seinen ersten Allgemeinen Bemerkungen: „Die Vertragsstaaten müssen Verfahren und gesetzliche Bestimmungen abschaffen, die eine Zwangsbehandlung oder entsprechende Rechtsverstöße legitimieren.“

Frage (c):               Mit welchen konkreten parlamentarischen Initiativen (Anträgen, Entwürfe, Anfragen usw.) hat sich Ihre Partei für die Abschaffung des saarländischen Unterbringungsgesetzes (bzw. der darin enthaltenen Gewaltlegitimierungen) in der aktuellen Legislaturperiode im Landtag eingesetzt?

Frage (d):              Wird Ihre Partei in der kommenden Legislaturperiode konkrete Bemühungen verfolgen, das Unterbringungsgesetz abzuschaffen und der anhaltenden Entrechtung von Menschen mit angeblichen oder tatsächlichen psychischen Störungen konsequent entgegen treten?

(3)  Die Berufsbetreuer streben aktuell eine „Professionalisierung des Betreuungswesens“ an. In der Folge könnten Richter Vertrauenspersonen als Vorsorgebevollmächtigte diese Vollmacht mit der Begründung entziehen, das Wohl des/r Betroffenen könne auch entgegen dessen geäußerten Wünschen nur noch professionell von Personen mit einer beruflichen Qualifizierung bestimmt werden, insbesondere dann, wenn Ärzte dazu drängen. Damit sind Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen, die die Selbstbestimmung festschreiben, akut bedroht! Denn in der Vergangenheit haben sich gerichtlich bestellte Betreuer regelmäßig als psychiatriehörige Befürworter von Psychiatriegewalt erwiesen, die sich nicht an den geäußerten Willen der Betroffen gebunden fühlen.

Frage (e):              Wird Ihre Partei dieses Anliegen der Betreuer auf Bundesebene, insbesondere auch durch den Bundesrat, versuchen zu verhindern?
Was werden sie dazu tun?
Wenn nicht, warum nicht?