Wahlprüfsteine für die Landtagswahl im Saarland

Wahlprüfsteine der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener für die Landtagswahl am 26.3.2017 im Saarland

Die Fragen unten hat die-BPE der CDU, SPD, Linke, Grüne, Piraten und FDP jeweils mit der Bitte um Antwort als Wahlprüfsteine und mit einem Hinweis auf anschließende Veröffentlichung gestellt.
Die Ergebnisse der Umfrage:

  • Die SPD hat die Fragen völlig igoriert und nicht geantwortet. Wir raten von deren Wahl ab.
  • DIE LINKE hat die Fragen völlig igoriert und nicht geantwortet. Wir raten von deren Wahl ab.
  • Die FDP hat die Fragen völlig igoriert und nicht geantwortet. Wir raten von deren Wahl ab.
  • Die Antwort der CDU ist hier dokumentiert. Die CDU präsentiert sich – wie in Berlin – als eine Partei der Foltergesetzmacher. Besonders erschreckend ist, dass sich die CDU bei der Zwangsbehandlung nur auf Richterrecht stützt und nicht auf die Menschenrechte, ausbuchstabiert in der Behindertenrechtskonvention. Sie überlässt folterartige Zwangsbehandlung damit dem Filz von Ärzten, Richtern und Betreuern und ignoriert die Stellungnahme von Papst Franziskus völlig, der diese als Folter bezeichnet hat, siehe hier. Wir können nur von deren Wahl abraten.
  • Die Antwort der Grünen ist hier dokumentiert. Zwar behaupten die Grünen, sich konsequent für eine menschenrechtskonforme Psychiatrie einzusetzen. Sie scheuen aber, sich der Sichtweise des UN-Berichterstatters über Folter und dem UN-Fachausschuss für die Rechte von Behinderten anzuschließen, dass psychiatrische Zwangsbehandlung Folter ist. Stattdessen weichen sie aus, wollen nur „..prüfen inwiefern [Zwangsmaßnahmen] …aus medizinisch-psychiatrischen Gesichtspunkten erforderlich sind..“
    Wie ambivalent die Grünen tatsächlich sind, offenbart sich in dieser Antwort:

    Wir werden im Rahmen der uns gegeben Möglichkeiten prüfen, inwiefern die von Ihnen genannten Menschenrechtsverstöße in bestimmten Einrichtungen vorliegen.

    Die Grünen akzeptieren die Freiheit von psychiatrischer Zwangsbehandlung nicht als selbstverständliche Grundrechts-Freiheit, werden also nicht aktiv gegen die psychiatrischen Zwangsmethoden, sondern wollen erst mal nur (ergebnisoffen!) prüfen.
    Aus diesem flauen Wischi-Waschi eine Schlussfolgerung zu ziehen bzw. eine Wahlentscheidung zu treffen, möchten wir den Leserinnen und Lesern überlassen.

  • Die Antwort der Piraten ist hier dokumentiert. Als einzige sind die Piraten ohne irgendein Wenn und Aber bereit, das Folterverbot konsequent zu verteidigen. Sie versprechen auch Anfragen und wollen:

    …gezielt nach Stellen zu suchen, an denen wir die Probleme mit Menschenrechtsverbrechen besonders thematisieren können.

Unsere Wahlempfehlung: Piraten wählen.

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Die Fragen von die-BPE:

(1) Die Prüfung des deutschen Staatenberichts zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat 2015 bestätigt, dass psychiatrische Zwangsmaßnahmen im Sinne der UN-BRK eine Foltermaßnahme sind. Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen fordert als zuständige Kontrollinstanz eine Abschaffung aller psychiatrischer Gewaltmaßnahmen.

Frage (a):               Mit welchen konkreten parlamentarischen Initiativen (Anträgen, Entwürfen, Anfragen usw.)  haben sich die Grünen für die Durchsetzung des Folterverbots in der aktuellen Legislaturperiode im saarländischen Landtag eingesetzt?

Frage (b):              Dennoch werden noch immer und alltäglich psychiatrische Gewaltmaßnahmen gegen Insassen in saarländischen Psychiatrien angewendet. Welche konkreten Maßnahmen werden die Grünen in der kommenden Legislatur ergreifen, um Psychiatriegewalt ausnahmslos abzuschaffen und darüber hinaus auch als Menschenrechtsverbrechen zu ächten?

(2)  Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention gibt vor, dass Menschen mit angeblichen oder tatsächlichen psychischen Störungen rechtlich gleichzustellen sind. Eine solche Gleichstellung schließt Sondergesetze für „psychisch Kranke“, wie die sogenannten Psychisch-Kranken-Gesetze der Bundesländer aus. Auch hier fordert der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in seinen ersten Allgemeinen Bemerkungen: „Die Vertragsstaaten müssen Verfahren und gesetzliche Bestimmungen abschaffen, die eine Zwangsbehandlung oder entsprechende Rechtsverstöße legitimieren.“

Frage (c):               Mit welchen konkreten parlamentarischen Initiativen (Anträgen, Entwürfe, Anfragen usw.) hatben sich die Grünen für die Abschaffung des saarländischen Unterbringungsgesetzes (bzw. der darin enthaltenen Gewaltlegitimierungen) in der aktuellen Legislaturperiode im Landtag eingesetzt?

Frage (d):              Werden die Grünen in der kommenden Legislaturperiode konkrete Bemühungen verfolgen, das Unterbringungsgesetz abzuschaffen und der anhaltenden Entrechtung von Menschen mit angeblichen oder tatsächlichen psychischen Störungen konsequent entgegen treten?

(3)  Die Berufsbetreuer streben aktuell eine „Professionalisierung des Betreuungswesens“ an. In der Folge könnten Richter Vertrauenspersonen als Vorsorgebevollmächtigte diese Vollmacht mit der Begründung entziehen, das Wohl des/r Betroffenen könne auch entgegen dessen geäußerten Wünschen nur noch professionell von Personen mit einer beruflichen Qualifizierung bestimmt werden, insbesondere dann, wenn Ärzte dazu drängen. Damit sind Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen, die die Selbstbestimmung festschreiben, akut bedroht! Denn in der Vergangenheit haben sich gerichtlich bestellte Betreuer regelmäßig als psychiatriehörige Befürworter von Psychiatriegewalt erwiesen, die sich nicht an den geäußerten Willen der Betroffen gebunden fühlen.

Frage (e):              Werden die Grünen dieses Anliegen der Betreuer auf Bundesebene, insbesondere auch durch den Bundesrat, versuchen zu verhindern?
Was werden sie dazu tun?
Wenn nicht, warum nicht?