Hilfe? Totschlag!

schlagzeileAm 28.6.2013 wurde in Berlin in einem Brunnen vor dem Rathaus ein Mann von der Polizei erschossen. Die BZ berichtete darüber auf der ersten Seite.
Wie es zu diesem Totschlag gekommen ist, wird in der Berliner Zeitung detailliert geschildert:

Was dort geschah ist sinnbildlich für das Vorgehen der Psychiatrie:
Entgegen der Dienstvorschrift (bei der Psychiatrie wäre das die Behindertenrechtskonvention) wurde dem sich selbst Verletzenden zu Nahe getreten: Die BZ berichtet über die Aussage eines Polizeisprechers: „In der Ausbildung lernen die Beamten, dass man sich Personen mit langen Messern nicht nähern soll. Eine Distanz muss hergestellt werden.“
Unter dem Schutz des Gewaltmonopols des Staates wird – sicherlich mit der Absicht, „Hilfe“ zu leisten – vom Ordnungshüter versucht, diese „Hilfe“ aufzunötigen. Stattdessen hätte der Ordnungshüter, entsprechend der Dienstvorschrift [!], Abstand halten und nicht in den Brunnen steigen dürfen. Denn wenn der Mann sich, so wie geschildert, selbst verletzt hatte, wäre er durch den Blutverlust sowieso kampfunfähig bzw. ohnmächtig geworden und dann hätten die anwesenden Sanitäter völlig gewaltfrei ihre Rettungsmaßnahmen durchführen können.
Nur Abstand zu halten wäre als Hilfe also völlig hinreichend gewesen.

So aber geriet der Schusswaffengebrauch mit tödlicher Wirkung zur vermeintlich eigenen Notwehr des Ordnungshüters: Genau wie die Foltermaßnahmen psychiatrischer Zwangsbehandlung mit Abwehr von angeblicher „Fremd- und Eigengefährdung“ legitimiert werden sollen – zumindest statistisch gesehen mit ebenfalls regelmäßig viele Jahre lebensverkürzender Wirkung.

Wann greift die Berliner Polizeiführung endlich den von ihr im März 2010 abgerissenen Gesprächsfaden wieder auf, um mit uns gemeinsam  Schulungsmaterialien für die Polizei hinsichtlich der Patientenrechte zu konzeptionieren? Wir hatten nach den tödlichen Schüssen im August 2011 in Berlin-Reinickendorf am 8.9.2011 unsere Gesprächsbereitschaft wiederholt – leider vergeblich. Wann ist das offenbar grenzenlose Vertrauen der Polizeiführung in die für Psychiatrie zuständigen Stellen beim Gesundheitssenat endlich mal erschüttert?