NRW: heimtückisch und hinterhältig

In NRW hat das Justizministerium in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales einen Gesetzentwurf erarbeitet, dessen Titel (siehe unten) schon so zu lesen ist, dass nur das Schlimmste vermutet werden kann: Es soll in dem von NRW geplanten (Bundes)Gesetz darum gehen, mit welchem Konzept Ärzte per Gesetz (Polizeieinsätze rechtfertigend!) geschützt werden sollen, wenn sie Zwangsmaßnahmen mit Gewalt auch in den Wohnungen der Betroffenen durchsetzen!
Es soll damit der zweite Anlauf, wiederum von NRW, genommen werden, die 2003/04 auf Bundesebene und 2005 in Bremen gescheiterte ambulante Zwangsbehandlung per Gesetz durchzudrücken. Diesmal mit Hilfe der sog. „Betreuer“ bei Entmündigten als rechtlich am meisten geschwächter Gruppe von Betroffenen. Die Boshaftigkeit der ministeriellen Planer offenbart sich sofort, weil sie sogar den Bütteln der Ärzte mit Richtersegen gesetzlich die Macht einräumen wollen, Drogen (genannt „Arzneimittel“) heimlich unters Essen zu mischen, bzw. mischen zu lassen. Das sind typischen Giftmischermethoden, die das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllen. So jegliches Vertrauen zersetzend und hinterhältig, ja niederträchtig, haben wir bisher in der BRD noch keinen Gesetzgeber agieren gesehen. Der Landesverband Psychiatrie-Erfahrener NRW hat eine Stellungnahme herausgegeben, die wir im Folgenden weitergeben. Wir bitten darum, sich bei den entsprechenden Stellen im NRW Justitzministerium zu beschweren, damit dieses diesen gesamten Gesetzentwurf möglichst schlagartig und endgültig im Papierkorb entsorgt:

Landesverband Psychiatrie-Erfahrener NRW e.V.
Herner Str. 406,   44807 Bochum
psychiatrie-erfahrene-nrw.de

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur „Verbesserung des Schutzkonzepts ärztlicher Zwangsmaßnahmen“

Wir lehnen vorliegenden Gesetzentwurf in Gänze ab. Es handelt sich um einen frontalen Angriff auf die Menschenrechte und eine Verhöhnung der Idee des selbstbestimmten Bürgers. Die Rechte alter Menschen, die Rechte von Menschen in Heimen und Psychiatrien sowie die Rechte der Kinder und Jugendlichen in Einrichtungen sind sowieso sehr unzureichend geschützt. Eine nicht abreißende Kette von Skandalen, sowie die Straflosigkeit der Verantwortlichen für diese Skandale, zeigen das überdeutlich (aktuell: Kinderpsychiater Winterhoff, Haasenburg, Wittekindshof Bad Oeynhausen).

Der Gesetzentwurf greift an:
a.) dass Zwangsbehandlungen nur in stationären Psychiatrien zulässig sind.
b.) dass Bürger sich gegen Zwangsmaßnahmen des Staates wehren (verdeckte Medikation) können.
c.) die Rechtsmittel gegen die Zwangsbehandlung durch Verlängerung der Gültigkeit einer ärztli-chen Zwangsmaßnahme.
d.) die höchstrichterlich gut bestätigte Patientenverfügung.

Das Gerede von einer Regelungslücke ist eine Lüge, denn der zu rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB) lässt es heute schon zu, dass Gesetze nicht befolgt werden, wenn höherwertige Rechtsgüter dem entgegenstehen. Da im Leben und in der Rechtsprechung ständig widerstreitende Interessen zu berücksichtigen sind, ist es gar nicht möglich, jeden Einzelfall vorab zu regeln. Ferner ist bei jeder vorab Regelung zu bedenken, welchem der widerstreitenden Interessen ich höheres Gewicht beimesse. In diesem Fall ob mir die unumschränkte ärztliche Macht wichtiger ist als das Selbstbestimmungsrecht der Bürger.

Aus unserer Selbsthilfe- und Beratungspraxis wissen wir, dass heute schon Hunderttausende dem Heim- und Medizinsystem rechtlos ausgeliefert sind. Allzu oft ist der Richter nur der Schreibgehilfe der Ärztin.

Die Verantwortlichen für dieses Machwerk sind Ministerialdirigent Dr. Christians und Dr. Jörg Kraemer. Die Unseriösität ihres Vorgehens dokumentierten sie durch das Angebot an die Selbst-vertretung der Menschen mit Behinderung in der Videokonferenz der Landesbehindertenbeauf-tragten NRW am 14.12.2021, man könne die verdeckte Medikation fallen lassen und einen Hin-weis ins Gesetz einfügen, es ginge nur um somatische Erkrankungen, wenn die organisierten Psychiatrie-Erfahrenen dem Gesetz zustimmen.

Der Gesetzentwurf muss sofort in den Papierkorb. Herr Dr. Kraemer und Herr Dr. Christians müssen auf Arbeitsplätze versetzt werden, wo sie nicht derart massiv wehrlosen Menschen schaden können.

Für den Vorstand
Mit freundlichem Gruß        Matthias Seibt                Martin Lindheimer