Anhörung im Bundestag zur Fixierung
Das Gesetzgebungsverfahren zur Fixierung geht weiter: Am Mittwoch, den 8. Mai 2019, ist um 17:00 Uhr die Öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestag angesetzt. Um sich anzusehen, was dabei von sog. „Sachverständigen“ gesagt wird, muss man sich rechtzeitig anmelden, siehe alle Details hier.
Die-BPE hat inzwischen alle Bundestagsabgeordneten in den Ausschüssen Recht, Gesundheit, Familie und Menschenrechte angeschrieben, wir zitieren als Beispiel aus dem Brief an die Mitglieder des Rechtsausschusses:
Wir schreiben Ihnen als Mitglied des Rechtsausschusses. Wir bitten Sie,
das Folter-„Gesetz zur Stärkung der Rechte von Betroffenen bei Fixierungen im Rahmen von Freiheitsentziehungen“ zu verhindern!
Selten wurde der Titel eines Gesetzes so zynisch ins Gegenteil verdreht, wie in diesem Fall.
Obwohl vom Bundesverfassungsgericht endlich erkannt wurde, dass es seit Bestehen der BRD nie eine grund- und menschenrechtskonforme Möglichkeit gab, die schwere Misshandlung einer Fixierung gegen den Willen erdulden zu müssen, soll nun diese Foltermaßnahme gesetzlich als eine „Stärkung der Rechte“ von Betroffenen legalisiert werden. Zusammen mit der psychiatrischen Zwangsbehandlung ist die erzwungene totale Bewegungsunfähigkeit durch sog. „Fixierung“ die schlimmste Strafe vor der Todesstrafe. Sie entwürdigt, weil der Wille eines lebendigen Menschen total negiert wird, dessen Körper auf der Behandlungsbank von Medizinern vergewaltigt wird, als sei er ein Stück Fleisch.
Es ist der Akt der Demonstration totaler Herrschaft über einen Menschen.
Es ist eine Foltermaßnahme.
Das Bundesverfassungsgericht hat Unrecht, wenn es vortäuscht, so eine Entmenschlichung könnte durch einen sog. „Richtervorbehalt“ legalisiert werden. Foltermaßnahmen, sowie jede Form einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe können weder durch einen Gesetzgeber, noch RichterInnen und/oder ArztInnen oder sonstige vorgeblich wohlmeinende „Betreuungs“spezialisten legalisiert werden, auch nicht in irgendeiner Kombination davon. Reaktionär soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun trotzdem die gewohnte Misshandlungs-Praxis fortgeführt werden:
Statt Menschenrechte zu achten, wird nur eine gerichtliche Bürokratie aufgeblasen….
…Die übliche Ausrede, es handele sich angeblich immer nur um „Ultima Ratio“, Fixierung solle nur nachrangig ausgeübt werden, wenn sie „unvermeidbar“ sei, ist fadenscheinig, weil dann kein dem Wesen nach allgemeines Gesetz dafür gemacht werden dürfte, sondern bestehende, allgemeine Nothilfeparagraphen in tatsächlichen Grenzfällen hinreichend wären. Auch das BVerfG hat das z.B. beim Gesetz zum Abschuss eines Flugzeugs verstanden und eine Gesetzgebung untersagt.
Diese „Ultima Ratio“ Ausrede beweist nur einen Willen zur Misshandlung, wenn Sie die beiliegende Veröffentlichung von Dr. Martin Zinkler mit dem Titel: „Auf Fixierungen kann in der klinischen Praxis verzichtet werden – ohne dass auf Zwangsmedikation oder Isolierungen zurückgegriffen wird“ * beachten. Dr. Zinkler ist Chefarzt der psychiatrischen Klinik in Heidenheim, die für die Pflichtversorgung des Landkreises mit 130.000 Einwohnern zuständig ist. Dr. Zinkler demonstriert, dass es mit einem geringen Mehraufwand sehr wohl ohne Fixierungen gehen würde. Es gibt also keine Rationalisierung, Fixierung sei nun mal unvermeidbar und deshalb notwendig; sie sei vom Gesetzgeber zu normieren. Das ist falsch….
* Martin Zinkler & Michael Waibel, Zeitschrift Psychiatrische Praxis, 46/2019