Fax an 65 Niedersächsische Amtsgerichte

Fax der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener zur Weiterleitung an die Richterinnen und Richter der Betreuungsgerichte bei den 65 Amtsgerichten in Niedersachsen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Am 15.5. wurde nur wenige Tage, nachdem die Novelle des § 18 NPsychKG – Vorläufige behördliche Unterbringung im Ausschuss war, diese vom Landtag schlagartig verabschiedet und sofort am  22.5. in Kraft gesetzt. So sollte offensichtlich in einem standrechtlichen Verfahren unberücksichtigt bleiben, dass der Niedersächsische Landtag gar keine Gesetzgebungskompetenz hat, weil die Frage der Begutachtung für die Grundrechte verletzende Zwangseinweisung vom Bundesgesetzgeber abschließend geregelt wurde. So können wir Ihnen nur im Nachhinein das in den folgenden Seiten dokumentiert Gutachten von RA Dr. Schneider-Addae-Mensah zusenden, in dem genau begründet wird, warum nur der Bundesgesetzgeber das regeln kann. Darüber hinaus hat sich der Landtag schlichtweg über die Gesetz gewordene Behindertenrechtskonvention hinweggesetzt. Diese wird inzwischen durch die gemeinsame Erklärung des UN-Hochkommissariat für Menschenrechte für der UN und die Weltgesundheitsorganisation WHO mit der Forderung einer gewaltfreien Psychiatrie von diesen internationalen Organisationen betont und gestärkt, siehe: www.die-bpe.de/who&un.pdf.
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages zitiert deren gemeinsame Erklärung: Insbesondere Zwangseinweisungen und Zwangsbehandlungen sollten verboten werden, siehe: https://tinyurl.com/bundestagsdienst

Vielleicht können Sie auch für eine Entscheidung über die Legalität eines Gesetzes, das ohne Gesetzgebungskompetenz vom Niedersächsischen Landtag beschlossen wurde, den Niedersächsischen Staatsgerichtshof anrufen?
Als weiteres Argument, dieses Ärzte-Ermächtigungsgesetz nicht gelten zu lassen, verweisen wir auf Seite 5 und 6 dieses Faxes auf die Erklärung, die durch das Komitee für Grundrechte und Demokratie veröffentlicht wurde, in der gefordert wird, das Gesetz zurück zu nehmen:   https://tinyurl.com/grundrechtekomitee

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Pankow                       René Talbot
(Für den Vorstand von die-BPE)

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Psychiatrische Diagnose wirkt sich bösartig aus:
Ein Beispiel dafür, wie willkürlich das typischerweise geschieht, kann man hier im Spiegel nachlesen: Sänger Alexander Morris, 53, von den Four Tops war vor einem Jahr in Michigan wegen Schmerzen in der Brust und Atemproblemen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ihm wurde dort die Behandlung verweigert, nachdem er sich als Mitglied der legendären Motown-Gruppe zu erkennen gegeben hatte. Nun verklagt der Sänger das Krankenhaus, eine Krankenschwester und ein Mitglied des Sicherheitspersonals. Er sei anderthalb Stunden festgehalten und psychiatrisch diagnostiziert worden, nachdem das Krankenhauspersonal ihn für geisteskrank hielt, als er seine Identität als prominentes Mitglied einer Musikgruppe offengelegt hatte und seine Sicherheitsbedenken wegen Fans und Stalkern mitgeteilt hatte. Als er sich ausweisen wollte, sei ihm gesagt worden, er solle sich »auf seinen schwarzen Arsch setzen«. Das Krankenhauspersonal habe ihn eher für psychotisch als für erfolgreich gehalten, weil er ein schwarzer Mann ist. Daraufhin habe man ihm die Sauerstoffmaske entzogen, und in eine Zwangsjacke gesteckt.
Am Ende wurde tatsächlich ein Herzinfarkt diagnostiziert. Dem Sänger sei zur Entschuldigung ein Gutschein über 25 Dollar bei einem örtlichen Einkaufszentrum angeboten worden, so die Klageschrift weiter. Er habe abgelehnt.