Opposition stimmt gegen das PsychKG – der gesellschaftliche Konsens für die Zwangspsychiatrie ist zerbrochen
Am letzten Donnerstag wurde die illegale Novelle des Berliner PsychKG im Plenum des Abgeordnetenhauses mit den Stimmen von SPD und CDU gegen die Stimmen aller Oppositionsparteien (Grüne, Linkspartei, Piraten) verabschiedet. Es ist uns also erstmals gelungen, dass wir die ganze Opposition davon überzeugen konnten, mit insgesamt 41% gegen ein psychiatrisches Unrechts-Gesetz zu stimmen. Das ist insbesondere bei den Grünen eine Premiere.
In der Debatte wurde von dem Abgeordneten und Arzt Dr. Albers sogar demonstrativ vom Rednerpult auf unser Flugblatt „Die_Foltergesetz-Macher“ verwiesen, siehe Bild oben und hier.
War in der ersten Lesung von der SPD noch angedeutet worden, einen Konsens herstellen zu wollen, Zitat Isenberg:
Wir wollen das fachlich sondieren und besprechen, und unter Umständen werden wir das Thema zu Beginn der nächsten Legislaturperiode erneut aufrufen müssen, sofern wir nicht doch noch einen Konsens auf breiter Ebene – und das ist kein parteipolitisches Thema, das sind Gewissensthemen – erreichen sollten. (Siehe Link hier)
wurde daraus stattdessen das Verbrechen eines Bruchs von Jus cogens, einem überstaatlichen Gesetz, der Bruch des Folterverbots. Die entsprechende Strafanzeige wird derzeit ausgearbeitet. Dazu ist besonders hilfreich, dass auf Antrag der Piratenfraktion die angebliche Gewissensentscheidung namentlich abgestimmt wurde. Die Namen derer, die zugestimmt haben, sind hier veröffentlicht.
Die Große Koalition hat in parteipolitischem Kalkül alle Bedenken ignoriert und geschlossen zugestimmt. Entsprechend kommentierte Alexander Spies von der Piratenfraktion in einer Pressemitteilung am 10.6.:
„..Nachdem sich die Koalition bereits in den zuständigen Ausschüssen von fehlender Kompromissbereitschaft und Gleichgültigkeit gegenüber Kritik leiten ließ, zeigte sie gestern erneut, dass ihr nicht daran gelegen ist, ein verfassungs- und menschenrechtskonformes Gesetz auf den Weg zu bringen.
Selbst kleine Nachbesserungen, die ohne großen Aufwand möglich gewesen wären und die die Position psychisch erkrankter Menschen enorm gestärkt hätten, wurden konsequent blockiert. Einzig die viel kritisierten weitreichenden Befugnisse des Sozialpsychiatrischen bzw. Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes, die ein Betreten der Wohnung gegen den Willen der Betroffenen möglich gemacht hätten, wurden zurückgenommen.
Es ist bedauerlich, wenn koalitionäre Zwänge, gerade bei solch sensiblen Themen wie dem PsychKG, einen konstruktiven Diskurs über Gesetze verhindern.“
Der insgesamt 43 minütige Tagesordnungspunkt ist als Video bei Youtube hier dokumentiert. Das Wortprotokoll davon ist ab Seite 8580 hier nachzulesen.
Inzwischen nimmt der Rechtshilfefond Gestalt an – wir erwarten, dass er schon bei Inkrafttreten des neuen PsychKG öffentlich bekannt gemacht werden kann, damit sich die geschaffene Rechtsunsicherheit weiter vergrößert.