‚Weiße Götter, Folterknechte?‘

Katja Kipping
23.11.2013
Unter dem Titel „Weiße Götter, Folterknechte?“ befindet sich auf den Seiten 17, 18 und 19  des heutigen „Neues Deutschland“ die beste Darstellung des Themas, unserer Vorgehensweise und Protagonisten seit Jahrzehnten!

Velten Schäfer schreibt über alles sachlich, aber trotzdem fair und freundlich. Insbesondere die rechtliche Situation,die Unvereinbarkeit der Zwangspsychiatrie mit den Grund- und Menschenrechten und die UN- Menschenrechts-Einordnung der Zwangspsychiatrie als Folter werden ausführlich und präzise dargestellt.

Die Partei „Die Linke“, der das Neues Deutschland nahe steht, stellt offensichtlich inzwischen Wille vor Wohl, ist eher libertär als doktrinär, auch wenn der ultimative Beweis in Brandenburg noch aussteht. Wir danken für diesen positiven und in Hinsicht auf eine gewaltfreie Psychiatrie zukunftsweisenden Bericht, der inzwischen auch vollständig online und umsonst abzurufen ist:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/915866.weisse-goetter-folterknechte.html

Als Anreiz den ganzen Artikel zu lesen, hier zwei Zitate:

„Am kommenden Mittwoch beginnt 
in Berlin der 
Jahreskongress der 
Psychiater. Es geht dabei auch um das Selbstverständnis einer Wissenschaft und Branche, der das Recht eingeräumt wird, Menschen zu ihrem Glück zu zwingen – etwa mit Freiheitsentzug und bewusstseinsverändernden Drogen. Doch inzwischen erodieren die rechtlichen Grundlagen des Zwangs.“

und

Daneben aber wird sich Europas größter Psychiatriekongress auch mit seinem Zwang ausübenden Arm befassen müssen – eine weit ernstere Debatte. Denn während sich Frances‘ unterhaltsames Buch für ein launiges Kaminformat anbietet, geht es hier ums Eingemachte. Als (abwesende) Kronzeugen treten dabei verschiedene UN-Instanzen sowie deutsche Verfassungsrichter auf.

Seit 1984 verbietet die Anti-Folterkonvention der UN jegliche »grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe« – und was könnte erniedrigender sein, als nackt ausgezogen, gefesselt und »behandelt« zu werden?

Juan E. Méndez, der UN-Sonderberichterstatter über die Folter, hat erst im März erklärt, dass »alle Staaten ein absolutes Verbot aller nicht-einvernehmlichen medizinischen Behandlungen von Personen mit Behinderungen verhängen« müssten. Ausdrücklich führt er »nicht-einvernehmliche Psychochirurgie, Elektroschocks und Verabreichung bewusstseinsverändernder Drogen, sowohl in lang-, wie auch in kurzfristiger Anwendung« an. Und diese »Verpflichtung« der Staaten, so Méndez weiter, sei »unverzüglich« umzusetzen.

Zweitens ist seit März 2009 auch in Deutschland die Behindertenrechtskonvention der UN in Kraft. In Artikel 14 besagt diese, »dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt«. Ausdrücklich wird dabei betont, dass Freiheitsentzug aufgrund einer Behinderung »intrinsisch diskriminierend« und »ungesetzlich« ist. Und drittens befanden die deutschen Höchstrichter die über Jahrzehnte übliche Praxis des zwangsweisen Behandelns als verfassungswidrig. So ist der Zwang denn auch Thema auf dem DGPPN-Kongress. In einer Einladung ist von einer »spürbar gewachsenen Sensibilität in Bezug auf Autonomie und Selbstbestimmtheit« der Patienten die Rede. Ausdruck dieser »Sensibilität« ist viertens die »Patientenverfügung« nach dem Paragrafen 1901 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ein Bürger kann seit 2009 verbindlich erklären, wie mit ihm medizinisch verfahren werden soll. Das gilt auch für psychiatrische Behandlung. Nicht nur in Berlin machen Psychiatriepatientenverbände inzwischen offensiv Werbung für die »Patverfü«: »Geisteskrank? Ihre eigene Entscheidung!«, steht auf den Aufklebern.“

[Zur Eröffnung des DGPPN-Kongresses wurden 1500 Flugblätter mit den Texten: “Bündnis gegen Folter in der Psychiatrie”und “Nun offensichtlich: Psychiatrie ist nackte Gewalt!” verteilt]