Zwei wichtige neue Urteile
RA Thomas Saschenbrecker hat zwei wichtige neue Urteile in seinen Websites veröffentlicht, die unsere Rechtsauffassung weiter bestätigen:
A) Immer wieder wird von Vormundschaftrichtern versucht, einen gerichtsgefälligen Anwalt als sog. „Verfahrenspfleger“ zu beauftragen, um die Kumpanei zwischen Gericht und Psychiatrie so zu vervollständigen, dass die Betroffenen auch noch ohne einen Rechtsbeistand, der auf ihrer Seite parteiisch ist, dastehen: Wenn die Betroffenen das bemerkten und einen Anwalt ihres Vertrauens bevollmächtigen, versuchten die Gerichte mitunter dies zu unterbinden. Das ist illegal, wie das Landgericht Ellwangen in seinem Beschluss 1 T 50/13 geurteilt hat, Zitat aus der Begründung [fett hinzugefügt]:
Aus § 317 Abs. 4 FamFG wird neben der Beschränkung auf einen Helfer für den Betroffenen im Verfahren aber auch ersichtlich, dass der Vertretung des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten der Vorzug vor dem Verfahrenspfleger eingeräumt wird, da dessen Bestellung im Falle der Vertretung durch einen Bevollmächtigten grundsätzlich aufgehoben werden soll. Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für den vom Betroffenen beauftragten Bevollmächtigten wie den im Wege der VKH beigeordneten Rechtsanwalt (Keidel/Budde, § 317 Rz. 5). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kann also nicht mit Hinweis auf den vorhandenen Verfahrenspfleger abgelehnt werden.
Das ist ein wichtiges Urteil, bestätigt es doch noch einmal eindrucksvoll, dass eine Bevollmächtigung jeder staatlichen angeordneten „Fürsorge“ vorrangig ist, selbst wenn der „fürsorgende“ Rechtspfleger schon vom Gericht bestellt wurde.
So ist das auch bei der „Betreuung“ genannten Entmündigung zu praktizieren 🙂
Hier vollständig nachzulesen
B) Das Landgericht Kassel hat mit seinem Beschluss 3 T 35/13 dokumentiert, dass, sobald eine Vorsorgevollmacht oder Betreuung besteht, nur noch nach Betreuungsgesetz untergebracht werden kann, nicht mehr nach einem der Ländergesetze (PsychKGe, Unterbringungsgesetze, Freiheitsentziehungsgesetz), selbst wenn Fremdgefährdung dabei eine Rolle spielen sollte. Es gilt der grundsätzliche Vorrang der zivilrechtlichen vor der öffentlich rechtlichen Zwangseinweisung und damit, dass die Entscheidung eines wirksam bevollmächtigten Vorsorgebevollmächtigten durchschlägt 🙂 Deshalb kann nur immer wieder empfohlen werden, (sobald man 18 geworden ist) eine PatVerfü mit eingebauter Vorsorgevollmacht zu haben. Zitat aus der Begründung:
Ausgehend davon ist es nicht gesetzeskonform, eine Unterbringung auf der Grundlage des HFEG [Hessisches Freiheitsentziehungsgesetz] anzuordnen und so den Betreuer als den gesetzlichen Vertreter des Betroffenen. vgl. § 1902 BGB, jeglichen rechtlich relevanten Einflusses auf die Behandlung (vgl. § 17 HFEG) und auch das Ende der Unterbringungsdauer zu berauben. Deshalb hätte im Hinblick auf den vorliegenden Antrag vom 16.1.2013 allenfalls die Genehmigung einer vorläufigen Unterbringung nach § 1906 1 BGB. nicht aber nach dem HFEG in Betracht kommen können (vgl. Kammer, Beschluss v. 9.8.2008 – 3 T 373/08 -, bestätigt durch OLG Frankfurt, Beschluss v. 14.8.2009-20 W 278/08).