Bericht des „Berliner Kuriers“: An den Gerichten verzweifelt – Frau sprang in den Tod

Berliner Kurier

Freitag, den 25.1.2008, Seite 12

Wedding – Selbstmord hieß es offiziell, als Helena Zentner (34) vor 14 Tagen tot in der Müllerstraße gefunden wurde. Jetzt gibt es einen furchtbaren Verdacht: Wahrscheinlich sprang die attraktive Frau aus dem 6. Stock, um dem Zugriff von Polizeibeamten zu entgehen.

„Das war das letzte Stück Freiheit, das sie noch hatte“, sagt René Talbot von der Schöneberger Initiative Selbstbestimmung mit bitterem Unterton. „Die Freiheit, der Bevormundung, der Einweisung in die Psychiatrie durch einen Sprung in die Tiefe zu entkommen.“

Der Verein in der Schöneberger Vorbergstraße gibt Hilfestellungen, wie man sich vor Zwangsbetreuung schützen kann, wie man gesetzliche Betreuer wieder loswird […] „Sie wollte selbst bestimmen, wer ihre Dinge regelt, und hatte mich deshalb als rechtlichen Stellvertreter benannt.“

Das half ihr aber nicht: Das Amtsgericht setzte trotz der Vorsorgevollmacht einen anderen Betreuer ein. Dagegen klagte Helene Zentner über Jahre vor dem Landgericht, zuletzt vor dem Kammergericht. Das kam dann zum Schluss: Die Bestellung des Betreuers ist trotz Vollmacht statthaft, „wenn die Vollmacht mit dem Ziel erteilt wurde, die ärztliche Behandlung (…) und eine eventuelle zivilrechtliche Unterbringung zu verhindern.“

Talbot: „Trotzdem kämpfte Helene weiter gegen die Entmündigung, klagte vor dem Bundesverfassungsgericht. Sie suchte bei Bekannten Unterschlupf, um die Begegnung mit dem ungewollten Betreuer zu vermeiden. Der hat sie tatsächlich nur ein einziges Mal gesehen, und zwar vor Gericht.“

Am Tag ihres Todes, sagt Talbot, sollte Helene Zentner auf Anordnung ihres Zwangsbetreuers in die Psychiatrie gebracht werden. Ihren Freitod hat er deshalb in einer Todesanzeige wie eine Anklage formuliert: „Das Ende einer Zwangsbetreuung“, lautet die Überschrift. Dazu werden die Namen aller in dem Fall beteiligten Richter und der des Zwangsbetreuers aufgeführt. Dazu sagte die Sprecherin des Kammergerichts, Katrin-Elena Schönberg: „Wir prüfen, ob hier Persönlichkeitsrechte verletzt wurden.“

Olaf Sonnenberg

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